Mit einem neuen Konzept will ein vierköpfiges Team um den bisherigen Trainer von Regionalligist TV Goldbach, Jérôme Schaefer, Basketball in der Region Bayerischer Untermain aus ihrem Dornröschenschlaf holen.
Talente früh zu entdecken, zu fördern und zu halten ist ebenso das Ziel wie die Professionalisierung und mittelfristig der Aufstieg in die 3. Liga.Sie wollen die Sportart Basketball am Untermain wieder salonfähig machen: Nelson Bayer, Jérôme Schaefer, Marko Kelava und Holger Stenger (von links).
Foto: Petra Reith Mit einem neuen Konzept will ein vierköpfiges Team um den bisherigen Trainer von Regionalligist TV Goldbach, Jérôme Schaefer, Basketball in der Region Bayerischer Untermain aus ihrem Dornröschenschlaf holen. Talente früh zu entdecken, zu fördern und zu halten ist ebenso das Ziel wie die Professionalisierung und mittelfristig der Aufstieg in die 3. Liga. Weht am bayerischen Untermain nach vielen Jahren Abstinenz in mittelfristiger Zukunft wieder Bundesliga-Luft? Sehr gerne denkt der Schreiber dieser Zeilen an das zweijährige Gastspiel der Männer des TuS Damm im deutschen Oberhaus zurück (1977 - 79), als Stars wie Rusty Smith, Nationalspieler Werner Spann und Andy Walker die stets ausverkaufte Schönberghalle auf dem »Galgenbuckel« zum Beben brachten. Noch hochklassiger ging es in den neunziger Jahren zunächst in der DJK-, dann in der Unterfrankenhalle zu, wo die Frauen der Aschaffenburg Wildcats sich mit Wuppertal spannende Duelle im Kampf um Meisterschaft und DBB-Pokal lieferten, in der Champions League für internationales Flair am Main sorgten, bevor nach der Saison 2000/01 das Konstrukt auseinanderbrach. Seitdem ist der bayerische Untermain Basketball-Diaspora. Top-Basketball wird erst wieder in Würzburg und - mainabwärts - in Frankfurt gespielt. Das Fähnlein noch einigermaßen hoch hielten - neben den Goldbachern - bis zum Ende dieser Saison die Frauen der BG Main-Elsava in der Regionalliga Südost (3. Liga). Doch personalbedingt zog sich auch dieses Team kürzlich zurück. Doch nun haben sich vier Idealisten zusammengefunden, um diese lange Durststrecke einer hier immer mehr darbenden Sportart - es gibt nur noch neun Vereine zwischen Alzenau und Amorbach - zu beenden. »Leistungssport Basketball am Bayerischen Untermain« heißt das Projekt von Jérôme Schaefer, Nelson Bayer und Holger Stenger - sie bilden die Vorstandschaft des noch in Gründung steckenden Vereins Aschaffenburg Baskets - und Marko Kelava. Aschaffenburg ist bereit für dieses Projekt, es ist nun der richtige Zeitpunkt.  Hervorgehen wird der neue Verein aus der Basketball-Abteilung des TV Goldbach. Dessen 1. Mannschaft ist im Frühjahr unter dem Trainergespann Jérôme und Matthias »Matthew« Schaefer zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte in die 1. Regionalliga Südost aufgestiegen, nach der BBL, der ProA sowie der ProB die vierthöchste Liga im deutschen Männer-Basketball. Vorrangiges Ziel wird es nicht sein, auf Teufel komm raus und schnellstmöglich erneut aufzusteigen und »Bundesliga, wir kommen!« zu rufen. »Wir spielen lieber zehn solide Jahre in der 1. Regionalliga als irgendwelchen Hirngespinsten nachzuhängen«, stellt Schaefer klar. Bodenständig solle in den kommenden Jahren gearbeitet werden, »alles mit Hand und Fuß«. »Es muss alles organisch wachsen«, ergänzt Stenger, der die Parole ausgibt: »In der Region, aus der Region, für die Region.« »Wir wollen Aschaffenburg und unsere Region für Basketball begeistern und die Sportart neben Fußball und Handball etablieren. Wir wollen bei jedem Heimspiel eine volle Halle mit überragender Stimmung und toller Unterhaltung«, nennt Schaefer kurzfristig realisierbare Ziele. Weiterhin: Möglichst viele Talente frühzeitig entdecken und leistungssportlich bestmöglich fördern sowie professionelle Strukturen aufbauen, um nachhaltig wirtschaften und der Region langfristig Spitzensport unter den Körben bieten zu können. Gute Jugendarbeit Grundlage Dies soll eine junge, entwicklungsfähige Mannschaft bieten, mit Spielern aus der Umgebung und ausländischen Leistungsträgern, die sich stark mit dem Verein identifizieren. Grundlage soll die seit 2004 schon erfolgreiche Jugendarbeit (Top 3 in Unterfranken) des TV Goldbach bilden. Ab 14 Jahren sollen die Spieler leistungssportlich trainieren, ab zwölf Jahren ein Fördertraining genießen. Darunter (und ab bereits einem Alter von fünf Jahren) soll in einer Kindersportschule zunächst die Begeisterung für Sport und Bewegung geweckt werden, die Persönlichkeit (»soft skills«) und die Spielfähigkeit entwickelt sowie Kreativität geweckt werden. Auch Mädchen sind willkommen, werden altersunabhängig individuell gefördert. Weibliche Teams sollen aber nicht gemeldet werden. Geplant ist hingegen ein Teilzeit-Internat mit Bring-/ und Abholservice, Mittagessen, Hausaufgabenbetreuung, Leistungsdiagnostik sowie sportärztlicher physiotherapeutischer Betreuung. Doch das ist noch Zukunftsmusik. In der kommenden Spielzeit, wann immer sie auch anfangen möge, wird die U 14 in der Landesliga Nordbayern antreten, die U 12, die U 16 und die U 18 in der Bezirksoberliga Unterfranken. Ziel ist es, in zwei Jahren bereits mit Spielern der Jahrgänge 2006 - 08 die Qualifikation für die Jugend-Bundesliga (JBBL) und damit den Sprung unter die besten 50 deutschen U 16-Mannschaften zu schaffen. Die besten Talente der Region in einer Mannschaft ist das Ziel. »Leider wandern bisher die größten heimischen Talente nach Hanau, Frankfurt, Würzburg oder auch Darmstadt ab«, beklagt Schaefer. »Mit der Basketball-Akademie Bayerischer Untermain wollen wir dem entgegnen.« Aktuelle Beispiele sind der Haibacher Bayernauswahl-Spieler Mika Kröner, der für s.oliver Baskets Würzburg aufläuft und die Frankfurter »Eliteschule des Sports« besucht, sowie der Großostheimer Jakob Schlottke (ebenfalls Jahrgang 2006), der mit Doppellizenz auch für die Frankfurt Skyliners Körbe wirft. Von Würzburg zurück zum TVG Aber es gibt auch schon Rückkehrer: Jakob Jeßberger aus Aschaffenburg-Gailbach wechselte vom SSKC Aschaffenburg nach Würzburg (Schule und Verein), steht seit zwei Jahren aber im Regionalliga-Kader der Goldbacher. Um keine Talente an andere Sportarten zu verlieren, wollen die Goldbacher schon früh »scouten. Schnuppertrainings (Projekt »Basketballfieber«) an Kindergärten und allen Grundschulen der Region sowie Grundschul-Cups in Stadt und Landkreis sind geplant. Unterstützung in Sachen Sichtung hat die 97-malige Nationalspielerin Olga Steigerwald zugesagt, die in Haibach das Projekt »BasKIDball« leitet und, so Schaefer, »schon unzählige Talente entdeckt und zum Basketball gebracht hat«. Für die Sportklassen des Hösbacher Hanns-Seidel-Gymnasiums ist der TV Goldbach bereits der Patenverein. Als Berater für den Aufbau des Jugendleistungsprogramms haben die Goldbacher den Ex-Bundesligaspieler und langjährigen ehemaligen hessischen Landestrainer Rudi Walther gewonnen. Einigen ist er vielleicht noch als Spieler und Trainer in Aschaffenburg in den achtziger Jahren bekannt. Wir wollen Aschaffenburg und unsere Region für Basketball begeistern. Was die Goldbacher nicht wollen: Mit den anderen Vereinen in Konkurrenz treten. Im Gegenteil: »Die ganze Region soll profitieren«, sagt Schaefer. Auch beim TV Goldbach wird weiter Breitensport betrieben, bei der Akademie, 2020/21 zunächst in einjähriger Spielgemeinschaft mit dem TV Goldbach, sollen zukünftig die Männer und die neuen Leistungsteams U 12 bis 18 eine neue Heimat finden. Nach Beendigung dieser Spielgemeinschaft werden deren Teilnahmerechte an die Basketball-Akademie übertragen. Von Größe und Weitsicht der Abteilungsleitung und der Mitglieder spricht Schaefer junior, als es auch darum ging, die Regionalliga-Mannschaft des TVG an das neue Leistungssportprogramm abzugeben. Dies bestätigt TVG-Vorsitzender Johannes Zenglein auf Nachfrage: »Wir waren von Anfang an eingeweiht. Ich halte sehr viel von diesem Projekt: Hut ab für die tolle Arbeit von Jérôme. Ich glaube sagen zu können, dass die ganze Abteilung, auch deren ältere Mitglieder, dahintersteht und ihn und sein Team unterstützt.« Auf der Suche nach seinem Nachfolger auf dem Trainerstuhl scheint Schaefer fündig geworden zu sein. Einen Namen wollte er allerdings noch nicht nennen. Der neue Coach wird hauptberuflich arbeiten, weiterhin wollen die Goldbacher mit zwei Profispielern in die neue Saison gehen. Einer davon wird wahrscheinlich Yanis Dauphin sein. Der Franzose kam vor einem Jahr aus Italien nach Goldbach. Ein zweiter langer Mann wird noch gesucht. Nur ein Nicht-EU-Spieler darf im Team stehen. Die erste Option: Der Brasilianer Luan Pereira. Auch auf die litauischen Zwillinge Tadas und Mantas Jagela dürfen sich die Zuschauer in der neuen Saison wieder freuen. Als Zugang soll das Lohrer Talent Max Kriegbaum kommen. Der Kader soll noch auf zwölf Spieler ergänzt werden. Ziel des Aufsteigers wird in der ersten Saison der Klassenerhalt sein. Die zweite Mannschaft will hingegen um die Meisterschaft in der Bezirksoberliga mitspielen. Dass aus den Heimspielen Events werden, dafür zeichnet Nelson Bayer verantwortlich, der seit der U 14 beim TV Goldbach aktiv und aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit bestens vernetzt ist: »Aschaffenburg ist bereit für dieses Projekt, es ist nun der richtige Zeitpunkt«, ist er überzeugt. Über seine beiden Basketball spielenden Jungs ist Marko Kelava zur Crew gestoßen. Er ist schon seit längerem beim TVG aktiv und wird in allen Bereichen als kreativer »Problemlöser«, wie er sich selbst bezeichnet, eingesetzt. Den Eltern dient er als Ansprechpartner. »Unsere Heimspiele sollen ein Meet and greet der Basketballer werden«, wünscht sich Jérôme Schaefer, der seit gut 20 Jahren als Spieler, Trainer und Funktionär für den TVG tätig war und ist. Zusammen mit seinem Vater Matthias, der, nun 59-jährig, keine offizielle Funktion mehr übernehmen wird, ist er maßgeblich für den Goldbacher Höhenflug insbesondere in den vergangenen fünf Jahren verantwortlich. »Wenn wir langfristig erfolgreich und gegenüber anderen Standorten wettbewerbsfähig sein wollen, müssen wir uns strukturell weiterentwickeln«, hat »Matthew« nicht nur als Basketball-Abteilungsleiter im TVG erkannt. Finanzierung auf drei Säulen Mitgliedsbeiträge, die Heimspiele und die Unterstützung durch Sponsoren: Auf diesen drei Säulen soll die Finanzierung des Projekts stehen. Eine bessere Vermarktung: Dies wird die Aufgabe von Holger Stenger sein, um den es nach seinem Rückzug als Vorstandssprecher von Fußball-Regionalligist Viktoria Aschaffenburg im Oktober 2019 ruhig geworden war. »Mein Job wird es sein, Unternehmen zu finden, die das Konzept unterstützen - in diesen Zeiten nicht gerade einfach«, sagt der gut vernetzte Hobby-Musiker (»Joe Schocker«). Er habe zwar nie selbst Basketball gespielt, die Sportart aber »immer gut gefunden«. Und was viele nicht mehr wissen: Auch bei den Wildcats half er in den neunziger Jahren im Bereich Catering kräftig mit, war bei vielen Auswärtsspielen dabei.
So schließt sich auch für ihn der Kreis. Bericht: Thomas Steigerwald, MAIN-ECHO
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